Wie ein König
und eine Königin zu einem Kind kamen und drei Kätzchen für das Glück der
Prinzessin sorgten:
Ein König und seine Frau lebten glücklich
miteinander. Sie hatten nur einen Wunsch, der sich nie zu erfüllen schien - sie
wollten so gerne ein Kind, ein Mädchen. Jahre vergingen und das Königspaar wurde
immer trauriger, weil sie keine Tochter bekamen.
Da kam eines Tages eine
ältere Fee an den Hof und als das Königspaar ihr sein Leid klagte, da dachte die
Fee lange nach und sagte: "Ich glaube, Euch kann geholfen werden. Übers Jahr
werdet Ihr eine Tochter haben aber die Erfüllung dieses Wunsches ist mit einer
Bedingung verknüpft."
"Sag uns nur, welche Bedingung das ist", sagten der
König und die Königin wie aus einem Mund, "wir erfüllen sie."
"Wenn da so
ist", sagte die Fee, "dann will ich sie Euch verkünden. Ihr werdet eine Tochter
haben aber sie darf niemals einen Prinzen lieben und heiraten, denn sonst muß
sie sterben." "Oh Gott", sagten der König und die Königin. "Aber", sagte die
Fee, "wenn Ihr Eurer Tochter drei schneeweiße Kätzchen gebt, werdet Ihr immer
erkennen, ob Gefahr droht oder nicht. Gebt den Katzen sechs Bällchen zum
Spielen, drei aus Leinen und drei aus Gold. Solange die Kätzchen mit den weißen
Bällchen spielen, ist alles in Ordnung. Sobald sie aber anfangen, mit den
goldenen Bällchen zu spielen, droht Gefahr."
Diese Bedingung erfüllten der
König und die Königin trotz aller Bedenken. Übers Jahr hatten sie eine
entzückende Tochter und sie hatten auch drei schneeweiße Kätzchen, die drei
goldene Bälle zum Spielen hatten und drei weiße aus Leinen.
Die Kätzchen
spielten stets mit den weißen Bällchen und das Kind wuchs heran und wurde
allmählich ein schönes junges Mädchen. Die Schönheit des Mädchens sprach sich in
vielen Königreichen herum und immer häufiger kamen junge Prinzen, um ihr den Hof
zu machen. Es war eine Zeit, in der die Eltern fast vergessen hatten, daß die
drei weißen Kätzchen eines Tages auch mit den goldenen Kugeln spielen könnten.
Dann aber, an einem Frühlingstag, kam ein junger, schöner Prinz vorbei. Er blieb
ein paar Tage, ritt weg, kam aber bald wieder. Und die schöne Prinzessin begann,
sich Gedanken um den jungen Mann zu machen. Sie fand seine Gegenwart sehr
angenehm, sie freute sich , wenn er da war und sie war betrübt, wenn er davon
ritt.
Nach einem halben Jahr gestand sie ihm, daß sie ihn liebe. Der Prinz
gestand ihr, daß er sie vom ersten Tag an geliebt habe, daß er aber zu
schüchtern gewesen sei, es ihr zu sagen. Am Abend dieses Abends begannen die
drei weißen Kätzchen zum allerersten Mal, mit den goldenen Bällchen zu spielen.
Die Prinzessin war sehr erschrocken, sie lief zu ihren Eltern und erzählte, was
die Kätzchen plötzlich taten. Da waren auch die Eltern sehr erschrocken und
machten sich große Sorgen. Eigentlich erwarteten sie jeden Tag, daß ein großes
Unglück geschehen würde, aber nichts geschah, gar nichts.
Es wurde Herbst
und da erfuhren sie, daß der junge Prinz, den die Prinzessin liebte, krank
geworden sei. Viele Ärzte waren zum Krankenbett des jungen Prinzen gerufen
worden aber keiner konnte ihm helfen. Eine solche Krankheit, so stellten die
Ärzte fest, habe es noch nie gegeben und so gaben sie auf. Der Prinz wurde immer
schwächer und schwächer.
Und weil auch die Prinzessin mit den drei weißen
Kätzchen immer betrübter und nachdenklicher wurde, entschlossen sich ihre
Eltern, den Rat jener Fee einzuholen, die ihnen einst zu dem Kind verholfen
hatte. Sie suchten die Fee auf, schilderten ihr, was geschehen sei und baten um
Hilfe. Die Fee dachte sehr lange nach, dann sagte sie: "Heute ist der
siebenundzwanzigste Tag vor Weihnachten. Wenn die Prinzessin bis zum
Weihnachtsabend um Mitternacht zehntausend weiße Leinentücher gesponnen hat,
dann wird die Krankheit vom Prinzen weichen, er wird wieder gesunden. Aber merkt
Euch eins: Keine andere Hand als die der Prinzessin darf die Tücher gesponnen
haben, sonst muß der Prinz sterben."
Das Königspaar bedankte sich für den
Rat und eilte heim, dort berichteten sie der Prinzessin, die sofort anfing,
kleine Tücher zu spinnen. Sie spann den ganzen Tag und die ganze Nacht aber sie
schaffte nur zehn Tücher. Da weinte sie sehr, schluchzte und wußte, daß sie den
Prinzen wohl niemals würde retten können. Während sie sich die Tränen aus den
Augen rieb, setzten sich ihre drei weißen Kätzchen um sie herum und schauten sie
an.
Schließlich sagte eines: "Warum weinst Du, schöne Prinzessin? Können wir
Dir helfen?" - "Ach Kätzchen", sagte die Prinzessin, "ich muß bis Weihnachten
zehntausend Leinentücher spinnen, damit mein Liebster am Leben bleibt aber ich
schaffe nur zehn Stück am Tag." Sie berichtete den Kätzchen auch, daß die Tücher
von keiner fremden Hand gemacht werden dürften. Da sagten die Kätzchen:
"Prinzessin, wir werden dir spinnen helfen. Mach dir keine Sorgen und schau -
wir haben ja keine Hände, sondern Pfoten. Darum gilt auch in unserem Falle, was
die Fee gesagt hat, daß nämlich keine andere Hand als deine die Tücher gesponnen
haben muß.
Die Kätzchen ließen sich Spinnräder bringen und Garn und begannen
fleißig zu arbeiten und Tag für Tag, Nacht für Nacht wuchsen die Stapel feiner
Leinentücher. Die Prinzessin schöpfte wieder Hoffnung für den Geliebten.
So
wurde es Weihnachten und eine Stunde vor Mitternacht waren die zehntausend
Leinentücher fix und fertig gesponnen und lagen in Stapeln gebündelt in der
Schloßhalle. Von Mitternacht des Weihnachtstages an aber ging es dem jungen
Prinzen Stunde um Stunde besser und bald war er wieder ganz gesund. Er besuchte
seine Prinzessin mit den drei weißen Kätzchen, die Punkt Mitternacht aufgehört
hatten, mit den goldenen Bällchen zu spielen und längst wieder nach den weißen
haschten.
Bald danach, als der Prinz und die Prinzessin heirateten, wurden
an der Festtafel auch drei Gedecke für die weißen Kätzchen aufgelegt aber gleich
nach dem Festmahl rollten sich die Kätzchen auf den Kissen ihrer Stühle zusammen
und begannen zu schnurren, wie die Spinnräder, die sie sechsundzwanzig Tage
betätigt hatten. In diesen sechsundzwanzig Tagen hatten die Kätzchen das
Schnurren gelernt, was seither alle Katzen der Welt tun. Wenn sie sich dabei
wohlfühlen, denken sie an die drei Vorfahren aus dem Schloß in der Bretagne, die
dem Schicksal einst durch schnurriges Spinnen ein Schnippchen geschlagen hatten.